Heilendes Wasser und Feuerhäuser

Die Bedeutung von Wasser und Quellen in der keltischen Tradition wird immer wieder bestätigt. Dort wo die Quelle aufspringt, wird die grosse Mutter der Götter Anu oder Bridgid verehrt und mit einer Vielzahl von Titeln angesprochen. Die uralte Verehrung von Quellen ist später in die Schutzherrschaft von christlichen Heiligen übergegangen, die oft christianisierte Gottheiten und Geister sind. Manche Quellen hatten die Kraft, Unfruchtbarkeit oder Verwirrung zu heilen, andere bestimmte Krankheiten von Körper und Seele zu waschen. Ein wichtiges Ritual dabei ist die Toradh,- die neunfache Segnung, die überall dort vorgenommen wird, wo heiliges Wasser gefunden wird.

Ein häufiges Element in der keltischen Geschichte ist das Feuerhaus, das erhitzt wird, um die Feinde darin zu vernichten. Wie ein umgedrehter Kessel soll eine solche Konstruktion andersweltliche Eindringlinge und Feinde gleichermassen vernichten. Ein wichtiger Bestandteil der alten keltischen Heilkunde ist das “Teach An Alais”, eine Schwitzhütte. Schwitzhütten und Feuerhäuser waren einst in Irland und der gesamten keltischen Welt verbreitet. Überreste der Bienenkorbartigen, mit Lehm und Gras und Naturfasern verkleideten Hütten aus Steinen, waren noch um 1900 sichtbar und man konnte sich an deren Nutzung erinnern.

Ut Matin schreibt darüber:

  1. Die Schwitzhütten sollten vornehmlich die Auswirkungen von Rheuma und anderen Krankheiten lindern und nach Infektionen der Entschlackung dienen.

Viele hatten Steinbänke im Innenraum, die mit Stroh oder Gras bedeckt waren, auf die man sich setzte oder legte. Geheizt wurde mit verschiedenen Methoden, indem man etwa in der Mitte ein Torffeuer entzündete, was hieß, dass man jedes Mal vor Betreten erst die Asche entfernen musste. In Monaghan erinnert man sich heute noch, wie man Ziegelsteine in einem Feuer erhitzte und sie dann in einem Weidenkorb in die Hütte brachte, in dem auch Kräuter waren, besonders, wenn bei der Kur auch inhaliert werden sollte. Allgemein wissen wir, dass Kinder in einem Bad aus Fingerhutextrakt (Digitalis purpurea) badeten, wenn sie an Schwindsucht zu leiden schienen, weil die Feen sie verhext hatten. Ein Feuerhaus in der Grafschaft Tyrone hatte eine Öffnung im Dach und einen sehr niedrigen Eingang. Beides wurde für die Benutzung mit Steinen und Steinplatten verschlossen.

In einem zeitgenössischen Bericht heißt es darüber:

  1. Wenn die Männer sich auszogen, zogen sie sich bis zu sechts oder acht aus  und gingen in die Hütte. Dann wurden alle Öffnungen verschlossen außer die eine zur Belüftung. Ein Mann blieb draußen, um darauf zu achten. Wenn die Hitze nicht mehr ausgehalten wurde, konnte man die Steinplatte wegschieben und alle kamen heraus, stürtzen sich in einen Teich, der nur wenige Schritte von der Schwitzhütte entfernt war, wo sie sich wuschen, abrieben und dann wieder ankleideten. Frauen trugen oft im Bad ein Badekleid und ließen das anschließende Bad auch oft aus. Der Erbauer war ein Böttcher. Er kam einmal auf Krücken, weil er sich Rheuma von einem freuchten Bett holte. Nach vier Schwitzgängen war er wieder gesund und blieb es bis zu seinem Tode.

Das Vorkommen von Feuerhäusern und Schwitzhütten und ihre Verbindungen zu den Kelten wird von Professor H. Hennessys Erlebnissen 1879 in Prag und Nürnberg bestätigt, wo er sogenannte türkische Bäder unter dem Namen römisch-irisches Bad gefunden hatte. Feuerhäuser und Schwitzhütten lagen häufig bei Quellen und Flüssen. Die einzigen natürlichen heißen Quellen wurden von den keltischen Stämmen hoch eingeschätzt. Diese Stätten waren u.a. der Göttin Sul ( Bath G.B.)geweiht, der Göttin des Sonnenauges. Als die römischen Legionen die keltischen Gebiete eroberten, schlossen sie sich dem an und erbauten über dem ursprünglichen Schrein einen Tempelkomplex, der neueren römischen Göttinnen und Göttern (Sulis Minerva) geweiht wurde. Dabei verbanden sie die einheimischen alten Götter mit ihren eigenen Neuen.

Quellen, Bäder und Heilwasser haben ihre wichtige Bedeutung in der keltischen Medizin. Wir wissen heute, dass die Wasserheilkunde nicht bloss eine gelegentliche Modeerscheinung ist, sondern eine der ältesten Heilmethoden überhaupt. Menschen fühlen sich seit jeher von den heilenden und reinigenden Eigenschaften des Wassers angezogen. Ob man Salzwasser gegen entzündliche Prozesse und Verdauungsbeschwerden einsetzt, ob man Schwefelwasser bei Hautproblemen oder Rheuma nimmt, Wasser hat viele Kräfte, die zur Heilung genutzt werden können und unsere keltischen Vorfahren haben das genau gewusst. In vielen Heilquellen sind Zeugnisse für deren Heilkraft. Sie sind Ziel geworden von Pilgern und Bittstellern, wahre Quellen der Heilung. Sie sind weiterhin Plätze, zu denen man auf der Suche nach dem Brunnen am Ende der Welt, dem Gralsgefäß oder der körperlichen Gesundheit pilgert.

Die spirituelle Gesundheit wird bei den Kelten durch drei Begriffe definiert:

  1. Crabhadh, das Trauen der Seele
  2. Creidheam, die Zustimmung des Herzens
  3. Iris, die Verpflichtung des Verstandes im Glauben.

Wenn diese drei Qualitäten miteinander verbunden sind, so ergibt sich im Inneren des Menschen die wirkliche Macht und Kraft innerhalb des Coichanama (dem Seelenschrein), wie der Körper auch genannt wird. Unser materieller Körper ist wie das Deckblatt, das seine Bilder entfaltet, um eine wunderbare Landschaft freizugeben, wenn wir in seine inneren Welten reisen.

Die schwierige Dreiheit aus Geist, Empfindungsvermögen und Körper wird in der gesamten irischen Tradition durch das Triskell (später Kleeblatt) symbolisiert, in der dreifachen Spirale von Newgrange, in vielen Triaden, sowie in den Dreifachmustern aus Punkten in vielen Büchern und alten Texten. Kein Wunder also, dass Feuerhäuser und auch Heilquellen stets Rituale enthalten, in welchen es um das Errichten starker Verteidigungszauber, den sogenannten Loricas, geht. Es ist sehr schwierig den Seelenkörper der keltischen Tradition zu definieren. Anam, das gälische Wort für Seele, bedeutet Lebenskraft. Die Seele wandert ins Leben und wieder heraus, ins Bewusstsein hinein und wider heraus. Wenn man will, dass sich jemand aufrafft etwas zu tun, dann sagt man: Nimm deine Seele an dich.

Die Seele ist im Blut und im Atem. Ihre sterbliche Hülle ist im Kopf. Ausserhalb des Körpers kann sie in verschiedenen Gestalten wandern, aber die Seele ist auch eng mit dem Verstand und dem Herzen verbunden und kann nicht von diesen getrennt werden. Die Integration des Verstandes und die Wünsche des Herzens, die Liebe der Seele, sind alle anfällig für Angriffe von Außen.

Es gibt ein altes Rätsel, das für den Tuirgen von Bedeutung ist. Der Tuirgen ist ein Synonym für die Seelenkräfte:

Wer ist der Geborene, der nie geboren wurde und niemals sein wird?

Die Antwort:

Das Innere Selbst
(Es ist in einem endlosen Kreislauf aus Geburten der innere Wesenskern.)

Magische Gelegenheit für das Erkennen und Empfangen der Seelenkräfte außerhalb einer Verbindung und normalen Beziehung ist im keltischen Volksgut weit verbreitet. Ein Kontakt mit den Seelenkräften findet häufig statt, indem man ein bestimmtes Ritual durchführt. Diese Rituale werden oft von dem Besuch andersweltlicher Geister oder Feen begleitet.

Andersweltliche Wesen besuchen die Feuerhäuser. Sie geben uns die Möglichkeit, sich aktiv mit ihnen zu verbinden, aktiv die Grenzen der Aufmerksamkeit zu überschreiten und mit den Göttern und Geistern wieder in Kontakt zu gehen. Als besonderes Ritual, das die Seele und den Körper verbinden soll, ist das Feuerhaus bis heute verbreitet. Auch besondere Rituale, die diese Harmonie erhalten sollen, sind verbreitet.

Das Gälische “Sian “ist ein besonderer Zauber, der einem in dem Kampf Unverletzlichkeit verleiht. Der berühmte, vom Tode errettete Sian von St. Patrick wurde häufig von irischen Soldaten noch im 19. Jahrhundert in der Überzeugung genutzt, dass man dadurch vor dem Erschießen geschützt sei.
Der Sieg des grünen Baums,
der Saft der spitzen Zweige in dir,
gesegnet seien Körper und Seele.
Von allen, die diesen Sian aufsagen,
mögen alle guten Wesen und Kräfte bei dir sein.
Mögest du nicht den König der Unterwelt fürchten.

Die Unverletzlichkeit, an die die keltische Tradition so stark glaubt, scheint spätere Krieger und Männer auch erreicht zu haben. Der Mantel von Mac Leod von Bearnaray of Harris über den in der Schlacht von Caledon ein Sian gesprochen worden war, wurde voller Einschusslöcher gefunden, aber keine einzige Kugel war in das Fleisch des Mannes gedrungen. Der Glaube an den Sian, der die Gefahren abwehrte, ist sehr gross. Der Sian ist einem Brustzauber ähnlich, wie auch die Loricas oder Sciathluireacha, von denen St. Patricks Brustpanzer vermutlich der bekannteste ist. Diese Dinge haben vielleicht in kritischen Situationen die Seelenkräfte aktiviert, den Menschen Mut gemacht und die Seele auf den verborgenen Pfad des Tuirgen geführt.

Kein Speer soll dich stechen
kein Wasser ersäufen
keine Frau soll dich verlocken
kein Mann dich verwunden
der Mantel der Götter sei um dich
vom Schädel bis zum Fuß
geh hin im Namen des Königs
und komm zurück im Namen deines Häuptlings.
Du gehörst dem Gott des Lebens
und allen seinen Mächten.