Was ist Religion ?
Bevor wir über Religion diskutieren, müssen wir uns darüber klar werden, was Religion ist und was sie nicht ist. Wenn wir von einer Person sagen, sie sei “religiös”, meinen wir, daß sie regelmäßig Gottesdienste in der Kirche besucht und sich auch sonst bemüht, ein “gutes” Leben zu führen. Solche Menschen haben vielleicht nie selbst über die Bedeutung von Religion nachgedacht, auch wenn sie sich ,,religiös” oder “gläubig” nennen. Sie folgen einfach den Vorgaben ihrer Sekte oder Religionsgemeinschaft und stimmen ihre Lebensart darauf ab. Wenn wir diese ,,Gläubigen” fragen, was für Sie Religion bedeutet, dann werden wir wahrscheinlich hören, es bedeute, Gottes Wille zu tun. Gottes Wille ist für sie das, was ihre Religionsführer als Gottes Wille definiert haben.
Aber was ist denn dann Religion ? Das Wort “Religion” kommt von “religari” (lat.) und bedeutet: Durch genaues Beobachten zu Gott (Godh: altgermanisch: “das Gute”) zu gelangen. Dadurch wird bewußt eine Verbindung zu den guten Kräften hergestellt.
Es gibt, grob gesagt, zwei Arten von Religionen. Die großen Religionen, die uns im Westen am vertrautesten sind, werden von uns Heiden als “verhüllte” Religionen bezeichnet und stammen ohne Ausnahme von Organisationen, die von charismatischen Führern oder Propheten inspiriert sind. Diese Propheten haben eine Vermittlerfunktion zwischen dem Gott und den Menschen. Kontakt mit übernatürlichen Kräften ist nur durch priesterliche Vermittlung möglich. Gott, Mensch und Natur sind von einander getrennt. Judentum, Christentum und Islam sind die großen verhüllten Religionen. Wir Heiden akzeptieren diese Trennung natürlich nicht
Die andere Art von Religion ist die “organische”. Darunter verstehen wir das, was sich “natürlich” aus des Menschen frühester Wahrnehmung der Welt, und seiner Wechselwirkung zu ihr entwickelt hat und so im Laufe der Jahrtausende gewachsen ist. Naturreligion ist in Nachschlagewerken unter “Heidentum”, “Paganismus” oder gar ,Atheismus“ (A theos = gegen Gott !) eingetragen. Daher überrascht es nicht, daß allgemein jedes Verständnis für Heidentum fehlt. Wir müssen die Absurdität erkennen, die dem Wort “Heidentum” im allgemeinen Sprachgebrauch zukommt und zu einem richtigen Verständnis beitragen.
Heidentum ist die älteste Naturreligion Europas !
Schon lange vor den Griechen lebten die heidnischen Stammesgesellschaften in einer echten Demokratie. Auf den Thing-Treffen hatte jeder Rederecht, im Gegensatz zu den stadtstaatlichen Gepflogenheiten des antiken Griechenlands. Fast alle heidnischen Feiertage wurden von den Christen “übernommen” und als christliche Feiertage verhüllt.
Die organische Religion ist die universelle Religion. Es gibt sie in jedem Land und sie hat sich in jedem Gebiet entsprechend der Geschichte und Traditionen der Menschen, die sie ausüben, entwickelt. Sie ist heute dort am stärksten, wo keine fanatischen Völker christianisiert oder islamisiert haben. In Japan war die dortige “Variante” der Naturreligion bis vor weniger als 40 Jahren die etablierte Staatsreligion. Hinduismus ist eine andere große organische Religion. In Europa und in Amerika hat die organische Religion im Untergrund überlebt, unterdrückt und gefesselt durch die Dominanz des Christentums und des Islams, oft zu purem Aberglauben degeneriert. In den nordeuropäischen Ländern ist die organische Religion als Heidentum oder Odinismus bekannt.
Die organische Religion lehrt uns, daß wir eine komplette Welt der Zwischen-Beziehungen bewohnen, die in Wirklichkeit tief mit uns verwandt ist. Deshalb sollten wir auch nicht das Gefühl von Getrenntheit oder Unterscheidung oder einsamer Umherwanderung gegenüber den Dingen und Kreaturen, die uns umgeben, haben. Unser Instinkt sollte uns mitteilen, daß eine tiefe, allumfassende Einheit, biologisch und spirituell, zwischen den Menschen und allen Dingen der Natur existiert. Wer aufmerksam ist, erkennt die Analogien bei allen Wachstums- und Wandlungsprozessen.
Mancher mag einwenden, daß der Glaube an eine organische Religion, wie das Heidentum, schön und gut für unsere Vorfahren war, die in den Wäldern lebten und sich ihre Nahrung durch Jagd beschafften und wir heute dagegen in einer Welt leben, die von dieser sehr verschieden ist. Doch diese Annahme ist falsch, denn tatsächlich leben wir in der gleichen Welt. Das Problem ist nur, daß wir uns der Welt nicht mehr wirklich bewußt sind. Wir laufen meistens herum, ohne zu sehen, ohne die Dinge zu beobachten. Wir verstehen die Zeichen der Welt nicht mehr. Wir kümmern uns nicht mehr um unsere Welt.
Unsere Vorfahren besaßen eine instinktive Aufmerksamkeit, die wir größtenteils verloren haben. Meistens leben wir in Städten, selten sehen wir zum Himmel auf. Wir sind von anderen abhängig, die unsere Nahrung herstellen. Wir beschäftigen Spezialisten, Ärzte (allein schon über zwanzig Fachbereiche !), Psychiater, Ernährungswissenschaftler, etc., um unsere Krankheiten zu heilen und uns zu beraten, wie wir uns unsere Gesundheit erhalten können. Durch die Bequemlichkeit des modernen Reisens mit Autos und öffentlichen Transportmitteln, vergessen einige unter uns fast, wie man läuft. (Man beachte allein die wachsende Zahl der Haltungsgeschädigten !). Heute betrachten viele kommunalen Verwaltungen, Wanderer und andere, die sich zu Fuß über das Land bewegen als Ärgernis und als Leute, auf die man ein wachsames Auge haben muß.
Es kann nicht angezweifelt werden, daß eine gesteigerte Wahrnehmung der Welt um uns herum zu einer besseren Wahrnehmung von uns selbst führen würde. Das wiederum würde zu einer harmonischeren Beziehung zwischen uns Menschen und der Natur führen. Dies sind gute Gründe, um sich einer organischen Religion, wie der Yggdrasil-Kreis sie lebt, wieder zu erinnern.
Wir sind die Natur !
Das Wissen darum ist unser Überleben, Grundlage unserer physischen Existenz und unseres psychischen Wohlbefindens und Erbe unserer Kinder. Wir gelangen zu der Einsicht, daß wir keines der Wunder der Natur ersetzen können, die in unserem Namen, durch die Regierungen zerstört werden. Nicht ein einzige Tier- oder Pflanzenart wird zurück kommen. Auf der persönlichen Ebene können wir so zu innerer Ruhe und Sicherheit gelangen, die wir jetzt verzweifelt im Meer der Versicherungspolicen suchen.
Um gemäß der Naturreligion zu leben, gilt als wichtigste Regel, bei sich selbst zu beginnen. Wir müssen lernen, daß wir, auch wenn wir frei sind, diese Freiheit nicht als Lizenz zur Erforschung der Natur mit der einen Hand und ihrer Vergiftung mit der anderen Hand mißbrauchen dürfen.
Wir müssen unter Natur nicht nur andere Geschöpfe und die Umgebung verstehen, sondern auch unsere Mitmenschen. Unser Glaube wird uns zu einem Verhaltensstandard führen und eine Gesellschaft fördern. in der jeder einzelne sich selbst kennt, selbstbewußt und verantwortlich handelt und sich als ein Glied in der unendlichen Kette der Verwandlung in Zeit und Raum versteht.
Darum ist unser erstes und wichtigstes Gesetz:
“Erkenne dich selbst,
finde das rechte Maß und
tu was du willst.” (Solange es keinem schadet).
Und “Liebe ist die größte Kraft”.
Wir sind nun am Ende der ersten Lektion angelangt.
Aufgaben zu Lektion 1
Theoretischer Teil:
- Formuliere in deinen eigenen Worten die Unterschiede zwischen verhüllter Religion und Naturreligion.
- Weshalb möchtest du dich intensiv mit der europäischen Naturreligion beschäftigen?
Praktischer Teil:
- Finde einen Platz an dem du täglich ungestört Entspannungs- und Konzentrationsübungen machen kannst.
- Finde in deinem Tagesablauf fünf bis zehn Minuten Zeit, um diese Übungen durchzuführen. Gewöhne dir an regelmäßig zu Üben und die dir vorgenommene Dauer der Übung einzuhalten.
Übung: “Energie erden“:
Setze oder lege dich so bequem wie möglich hin und entspanne dich, soweit dir dies willentlich gelingt. Lasse deinen Atem ruhig und regelmäßig werden. Stelle dir bildhaft vor, wie der Atem kommt und geht wie der Wellenschlag des Meeres. Fühle wie der Einatem in die Lunge strömt und stelle dir vor, wie beim Ausatmen alle Spannung in die Unterlage und in die Erde abgeleitet wird. Spanne kurz Arme, Beine, Becken und Schulter an. und lerne mit dem Ausatmen alle Spannung loszulassen.
Mache nach der Übung eine kurze Notiz in dein persönliches Arbeitsbuch. Notiere Tageszeit, Dauer und Ergebnisse der Übung: Wie hat sich deine Körperwahmehmung verändert ? Wie fühlst du dich? Welche Gedanken sind präsent?