Kelten – Gesellschaftliche Verhältnisse

In welchen gesellschaftlichen Verhältnissen lebten die Kelten?

Das Grundgerüst einer keltischen Gemeinschaft bildete die Familie. In dieser Familie konnten bis zu vier Generationen zusammenleben. Zum Verband einer Großfamilie zählten auch das Hauspersonal und bei Adelafamilien die Vasallen. Bei den Großfamilien lag das vordergründige Augenmerk nicht bei der Verteidigung des Territoriums – die Wohnstätte konnte man ja auch auf einem anderen Gebiet wieder errichten – sondern galt dem Wohle und dem Fortbestehen der Lebensgemeinschaft. Erst als die Familien seßhaft wurden und sich auf den Ackerbau und die Viehzucht konzentrierten, erlangte das Land an Bedeutung.

Hatte sich eine Familie mit ihrem Gefolge und den Sklaven angesiedelt, kam sie zwangsläufig mit Nachbarsfamilien in Kontakt. Sie betrieben nicht nur Handel untereinander, sondern schlossen sich zusammen und bildeten eine Sippe. An die Spitze der Sippe wurde meist ein König oder Häuptling gewählt.  Die Bedeutung einer Sippe war von der Größe des Landes und vom Viehbestand abhängig, wobei das Land stets Eigentum der Sippe war und nicht Eigentum einer einzelnen Person.

Sie wuchsen zu Gemeinschaften mit gleicher Lebensart, gleichen Anschauungen und Sitten zusammen, verehrten die gleichen Götter und entwickelten eine gemeinsame Sprache zur Verständigung.

Bei den Inselkelten fügten sich mehrere Sippen und Großfamilien zu Stämmen (tuath) zusammen. Solche Zusammenschlüsse gewährleisteten mehr Sicherheit und bessere ökonomische Lebensbedingungen. Natürlich bildeten sich auch auf dem Festland Stämme aus; sie übertrafen die tuath an Größe und territorialer Ausdehnung.

Eine keltische Sippe hatte eine feste Struktur. An oberster Stelle stand ein König oder Häuptling. Seine Aufgabe bestand in erster Linie darin, die politischen und militärischen Angelegenheiten mit den benachbarten Sippen zu lösen. Von einem König erwartete man absolute Unversehrtheit. Wurde er bei einer Schlacht so schwer verletzt, daß eine völlige Genesung ausgeschlossen war, dann mußte er zurücktreten.

Die Königsherrschaft wurde nicht weitervererbt, sondern konnte durch Wahl erworben werden. Voraussetzung war jedoch, daß man einer königlichen Familie entstammte.

Die Sippe wurde weiterhin unterteilt in die Stände der Krieger, der Handwerker, der Händler, der Bauern und der Druiden und Barden.

Die Druiden und Barden standen aufgrund ihres Wissens und ihrer religiösen Bedeutung im Gegensatz zu den anderen Ständen außerhalb einer Hierarchie. Sie galten als Gesetzgeber und geistige Führer der Sippe und standen dem König als Berater zur Seite. Aus römischen Quellen erfährt man von der Redegewandtheit und Dichterkunst der Barden: Diodorus Siculus schreibt dazu: “Es gibt unter ihnen Liederdichter, die man Barden heißt. Diese begleiten ihren Gesang, worin sie Einige lobpreisen, Andere schmähen, mit einem der Leier ähnlichen Werkzeug.”

Da die keltischen Gemeinschaften weitestgehend keine Schrift besaßen, ist dies nicht verwunderlich. Man ist überzeugt davon, daß umfangreiche Erzählungen und Gesangstrophen existierten, die mündlich weitergegeben wurden, genauso wie die Druiden ihr Wissen mündlich an ihre Schüler weitergaben.

Die Rangfolge der Krieger, Handwerker und Händler wurde durch ihr Vermögen, ihre Kunstfertigkeit und durch ihre Taten bestimmt. Die Handwerker fertigten nicht nur die Werkzeuge und Ausrüstungsgegenstände, die man im Alltag benötigte, sondern auch die verschiedensten Schmuckstücke, die angelegt wurden, um den Rang und den Reichtum hervorzuheben.

Durch die Krieger konnte der König mit militärischer Unterstützung  rechnen, im Gegenzug gewährte er ihnen Besiedlungsrecht. Diese Vereinbarungen gewannen an Bedeutung, als die Bevölkerung expandierte und man neue Siedlungsgebiete benötigte.

Die Alternative zur kriegerischen Landnahme war eine arrangierte Heirat zwischen den Fürstenfamilien verschiedener Sippen. Dadurch konnten weit größere Gebiete in den Besitz einer Sippe kommen (als Mitgift), als durch einen Krieg.

Auch die Weggabe der Söhne an Pflegeeltern, die die Erziehung und Ausbildung des Kindes übernahmen, sollte die Sippen enger aneinander binden.

Die Sippen führten untereinander Handel durch, bezogen Waren von denselben Lieferanten und richteten ihre Interessen und ihre Politik aufeinander aus. Sie verzierten auch beispielsweise ihre Waffen und verschiedene Schmuckstücke aus heraldischen Gründen mit den gleichen Ornamenten. Dies belegen Grabfunde in weit voneinander entfernten Gegenden.

Dennoch gelang der Zusammenschluß der Sippen zu Verbündeten oder gar zu Stämmen nicht im gesamten keltischen Siedlungsgebiet. Innerhalb dieser Bündnisse gab es häufig Spannungen, da die hauptsächliche Konzentration auf der eigenen Sippe und bei deren Belangen lag. Es gelang den Kelten nicht dauerhafte Bündnisse und damit ein großes Reich, indem alle Sippen und Stämme integriert waren, aufzubauen. Dies war sicherlich auch ein Grund, der letztendlich zum Niedergang der keltischen Kultur beigetragen hat.