Kelten – Wie sahen die Kelten aus?

Will man sich ein Bild vom Aussehen der Kelten machen, muß man stets bedenken, daß es sich dabei, wie bereits gesagt, nicht um eine eigene biologische Rasse handelt, sondern um eine Kultur- und Sprachgruppe. In dieser Kulturgruppe sind auch wesentliche Merkmale der jeweiligen Urbevölkerungen eingegangen, die die von den Kelten vereinnahmten Gebiete vorher bewohnten. Kelten, oder besser keltischstämmige Menschen, gibt es noch heute. Es sind zum Beispiel die Waliser und die Bretonen. Diese zeichnen sich durch einen vergleichsweise kleinen Wuchs und Dunkelhaarigkeit aus. Das weitverbreitete Image der Kelten ist dagegen eher geprägt von den Beschreibungen der klassischen Autoren, die immer wieder den hohen Wuchs und die helle Haut- und Haarfarbe der Kelten hervorheben. So schreibt z.B. Diodorus Siculus:”Die Gallier haben einen hohen Wuchs, einen kraftvollen Körper und eine weiße Haut. Ihre Haare sind nicht bloß von Natur gelb, sondern sie suchen diese eigentümliche Farbe durch künstliche Mittel noch zu erhöhen. Sie salben nämlich das Haar beständig mit Kalkwasser und streichen es von der Stirne zurück gegen den Scheitel und den Nacken, so daß sie fast wie Satyrn und Pane aussehen. Denn durch diese Behandlung wird das Haar so dick, daß es völlig einer Roßmähne gleicht. Den Bart scheren einige ab; andere lassen ihn ein wenig wachsen. Die Vornehmen scheren den Backenbart, aber den Knebelbart lassen sie stehen, so daß er den Mund bedeckt. Daher kommt er ihnen beim Essen zwischen die Speisen, und das Getränk fließt wie durch einen Seiher hinein.” Diese Beschreibung bezieht sich allerdings in erster Linie auf die herrschende Adelsschicht.

Die Gefolgschaften der adeligen Ritter setzen sich aber zum Teil aus den Resten unterworfener einheimischer Stämme, mit entsprechend anderem Aussehen, zusammen. So ist es sehr schwierig, ein einheitliches Bild vom Aussehen der Kelten zu entwickeln, zumal die Aussagen über die Haartracht, Kleidung und Schmuck sehr vielfältig sind und sich regional unterscheiden. So weiß man etwa von den Inselkelten (die Bewohner der Britischen Inseln), daß sich die Männer dort häufig großflächig mit blauer Farbe tätowieren oder bemalen ließen. Allen Kelten gemeinsam scheint allerdings eine Vorliebe für gemusterte bunte Stoffe gewesen zu sein. Daß die Menschen bereits im 5.Jhr. v.Chr. die Kunst Karostoffe zu weben beherrschten, belegen Moorfunde. Die gallischen Männer trugen unter ihren Hemden oder Tuniken lange Hosen aus Wollstoff. Dadurch unterschied sich ihre Tracht eindeutig von der der Römer, die die langen Hosen als typisch babarisch ansahen. Der Gebrauch von langen Hosen war ein Tribut an das rauhe Klima des nord-westlichen Europa und nicht, wie vielfach vermutet, eine praktische Bekleidung für ein Reitervolk, denn geritten sind bei den Kelten nicht viele und wenn, dann die adeligen Anführer. In Ermangelung von Knöpfen – die wurden erst im späten Mittelalter erfunden – wurden die Kleidungsstücke mit s.g. Fibeln und Spangen zusammengehalten. Üblich waren Gürtel, die bei den waffentragenden Männern zugleich als Schwertgehänge dienten. Interessant ist eine Überlieferung von Starbon nach der die Kelten bestrebt waren, nicht dick zu werden: wem der Gürtel nicht mehr paßte, der wurde mit einer Strafe belegt. Überhaupt scheinen die Kelten sehr auf ihr Äußeres bedacht gewesen zu sein. Vielfach wird auch berichtet, daß sie eitel gewesen seien und stets bemüht, sich aufwendig und sorgfältig zu kleiden und zu schmücken.

An den keltischen Frauen loben die antiken Geschichtsschreiber deren körperliche Größe und Schönheit, den Mut und die Fruchtbarkeit. Die meisten Erkenntnisse über die Tracht der Frauen bieten die zahlreichen Schmuckfunde in Frauengräbern. Über die Kleidung ist weniger bekannt, doch läßt sich mit einiger Sicherheit sagen, daß sie ein s.g. Peplos trugen; ein Gewand aus zwei knöchellangen Stoffrechtecken, die um die Taille gegürtet und an den Schultern mit Fibeln und Spangen zusammengehalten wurden. Dieser Peplos war in ganz Europa verbreitet und wurde auch von den griechischen Frauen getragen. Die langen Haare wurden von den Frauen mit Nadeln aufgesteckt. Kopfbedeckungen scheinen eher unüblich gewesen zu sein. Ganz im Gegensatz zu der Sitte, sich zu schminken. Einen Hinweis darauf liefert Propertius, der die römischen Frauen kritisierte, weil sie sich bemalten wie die Britannierinnen. Sie taten das mit Hilfe eines Kosmetikmittelsnamens “Belgicus color”, das sich schnell verbreitet haben soll.

Schmuck in jeder erdenklichen Form und aus den vielfältigsten Materialien (sogar aus Schiefer oder Glas) hatte bei den Kelten einen hohen Stellenwert. Es ist anzunehmen, daß der Schmuck nicht nur ein Zeichen des Reichtums und des Status des Trägers war sondern auch symbolische und kultische Bedeutung hatte. So wurden Schmuckstücke auch den Göttern geweiht oder dienten als besonderes Merkmal der Götterdarstellungen. Das Paradestück unter den Schmuckstücken ist ohne Zweifel der Torques, ein Halsring mit offenen Pufferenden, er ist bereits aus der Bronzezeit überliefert. Der Torques wurde von Männern und Frauen gleichermaßen getragen. Allerdings verschwindet er um 300 v.Chr. fast vollständig aus den Frauengräbern. Man vermutet, daß der Torques ab dieser Zeit ausschließlich als Kennzeichen der Würdenträger und Krieger Verwendung fand. Schließlich sei erwähnt, daß bei den Frauen Ohr- und Fingerringe erst mit der römischen Eroberung in Gebrauch kamen.

Nicht nur über das Aussehen der verschiedenen keltischen Stämme wußten die klassischen Autoren viel zu berichten, auch über deren charakterliche Eigenschaften wissen die Quellen einiges zu sagen. Dabei hört sich vieles nicht nach einem typischen Feindbild an – im Gegenteil: Griechen und Römer lobten viele Eigenschaften. Zum Beispiel hoben sie die Gastfreundschaft und Großzügigkeit der Kelten hervor, ihre Sauberkeit, ihre Wißbegier und Intelligenz und schließlich ihr großes Geschick im Handwerk und Kunsthandwerk. Selbst Eigenschaften, die den Eroberern im Kampf schwer zu schaffen machten, gereichten den Kelten zu Ehre. Tief beeindruckt zeigten sich die Römer, so auch Caesar, der darüber in seinen Berichten über die Gallischen Kriege schrieb, von deren Mut, Tapferkeit und Stärke.

Völlige Verblüffung dürfte sich bei den Römern breitgemacht haben, als sie sich auf dem Schlachtfeld mit Horden von nackt kämpfenden Männern konfrontiert sahen. Diese Gewohnheit mancher Keltenstämme ist ein Zeugnis ihres Selbstbewußtseins und ihrer Todesverachtung. Allerdings verschaffte es den gut gerüsteten Römern den oftmals entscheidenden strategischen Vorteil, nachdem die erste Verwunderung überwunden war. In den Kelten sahen die Griechen und Römer die Ursprünglichkeit und Naivität von Kindern erhalten.

All dieses Lob darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich Kelten und Römer meist als erbitterte Feinde gegenüber standen. Es muß aber auch darauf hingewiesen werden, daß beide Kulturen im Laufe der Jahrhunderte stark voneinander profitiert haben. So entstand zum Beispiel ein reger Handel von Rohstoffen, Kunsthandwerk und Lebensmitteln in beide Richtungen.